Die Brandenburger Elektrostahlwerke GmbH (B.E.S.) sind ein traditionsreiches Unternehmen, das zur Geschichte der deutschen Stahlindustrie wesentlich beigetragen hat. Das Werk wurde vor über einem Jahrhundert (1912) vom Dortmunder Industriellen Rudolf Weber ca. 50 km westlich von Berlin im Land Brandenburg gegründet und Mitte der 30er Jahre vom Stahlmagnaten Friedrich Flick übernommen, um die Nähe zur Reichshauptstadt und zu den wirtschaftlich vielversprechenden Ostgebieten auszunutzen. Nach der DDR-Zeit erwarb die Riva Gruppe die Industrieanlage im Mai 1992 im Rahmen eines öffentlichen Bieterverfahrens direkt von der Treuhandanstalt und investierte in seine Sanierung und Renovierung bislang ca. 300 Millionen Euro, insbesondere in die Bereiche Arbeitsschutz, Umweltschutz und Produktion.
Heute besteht das Werk, das derzeit über 800 Mitarbeiter beschäftigt, aus zwei modernen eingehausten Elektroöfen, Pfannenöfen, Stranggussanlagen, einer Drahtstraße, verschiedenen Ziehmaschinen, Mattenschweißmaschinen und Reckanlagen. Die B.E.S. verfügt außerdem über ein integriertes Managementsystem (Qualität, Umwelt, Energie, Nachhaltigkeit, Arbeitsschutz) und besitzt die neuesten europäischen und internationalen System- und Produktzertifizierungen.
1917 veräußerte Rudolf Weber die Anlagen an die Deutsch-Luxemburgische Bergwerks- und Hütten AG. Zu Beginn der 20er Jahre beschäftigte das „Weber-Werk“ - so nannte man die Brandenburger Anlage zu dieser Zeit- 1.350 Mitarbeiter und stellte pro Jahr 70.000 t Stahl her. Damit war das Stahl- und Walzwerk Brandenburg der bedeutendste Industriebetrieb in der Stadt.
1926 wurde das Werk ausgegliedert und von Friedrich Flick erworben, dem seinerzeit größten Stahlhersteller in Deutschland und Gründer der Mitteldeutschen Stahlwerke AG, die zahlreiche Produktionsbetriebe besaß. Nach der Eingliederung in das „Flick Unternehmen“, das ab 1937 unter dem Namen Mitteldeutsche Stahl- und Walzwerke Friedrich Flick Kommanditgesellschaft firmierte, erlebte das Brandenburger Werk eine Zeit großen Wachstums, was es nicht zuletzt auch der Aufrüstungspolitik und der Ankurbelung der Kriegsgüterproduktion verdankte. Die Produktion wurde bis April 1945 aufrechterhalten. Nach dem Waffenstillstandsabkommen kam es jedoch als Reparationsleistung zur Demontage und Verfrachtung der Anlagen in die Sowjetunion.
Am 15. Februar 1950 wurde der Grundstein für den ersten Siemens-Martin-Ofen gelegt und bereits am darauffolgenden 20. Juli erfolgte der erste Abstich. Der volkseigene Betrieb VEB Stahl- und Walzwerk Brandenburg entwickelte sich mit insgesamt zwölf Siemens-Martin-Öfen zum führenden Stahlhersteller der Deutschen Demokratischen Republik.
Als die DDR 1969 ihre Stahlindustrie neu organisierte und in Kombinaten zusammenfasste (durch Gemeinsamkeiten der Erzeugnisstruktur verbundene Unternehmen unter einem Leitbetrieb, dem sogenannten Stammbetrieb) wurde das Werk dem VEB Qualitäts- und Edelstahl Kombinat zugeschlagen und 1979 dessen Stammbetrieb. 1977 begannen die Bauarbeiten für die Errichtung eines neuen Elektrostahlwerks mit einer Jahreskapazität von 600.000 t, zwei 150 t-Elektroöfen und zwei 8-adrigen Stranggussanlagen, zu deren Inbetriebnahme - auf Wunsch des italienischen Anlagenbauers Danieli - Riva sein Know-how einbrachte. So wurde der Name Riva erstmals in Brandenburg bekannt und geschätzt. Nach der Ergänzung mit einer kontinuierlichen Drahtstraße nahm das Werk 1980 die Produktion auf und wurde 1988 modernisiert.
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Am 1. Mai 1990 wurde das Brandenburger Werk an die Treuhandanstalt übertragen und in eine Aktiengesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt. Nach der Ausgliederung der überalterten Betriebsbereiche gingen das Elektrostahlwerk und das kontinuierliche Drahtwalzwerk im März 1992 an die eigens von Riva ins Leben gerufene Gesellschaft B.E.S. Brandenburger Elektrostahlwerke GmbH.
Über den Oder-Havelkanal sowie den Elbe-Havelkanal sind die Überseehäfen Szczecin und Hamburg zu erreichen. Das Betriebsgelände von insgesamt ca. 2,57 km² bietet genügend Platz für das Elektrostahlwerk, das Walzwerk (kontinuierliche Drahtstraße), die Matten- und Reckanlagen sowie für eine Betriebsdeponie. Die bebaute Fläche umfasst etwa 146.700 m² und das betriebsinterne Straßen- und Gleisnetz erstreckt sich über eine Länge von ca. 10 km bzw. ca. 60 km.
Stranggussknüppel werden produziert und anschließend zu glattem oder geripptem Walzdraht mit einem Bundgewicht von 1.500 kg gewalzt. Darüber hinaus werden Betonstahllagermatten mit Paketgewichten von ca. 2,5 t sowie Betonstahl in Coils von 2,5 bis 5 t Gewicht hergestellt. Neben dem deutschen Markt beliefert das Werk andere europäische Länder (u. a. Polen, Belgien, Niederlande, Finnland, Schweden) sowie Märkte in Übersee (USA, Zentralamerika) und Afrika (Algerien, Nigeria).